Das akute Nierenversagen ist ein klinisches Syndrom und gekennzeichnet durch einen plötzlichen Abfall der glomerulären Filtrationsrate.
Ein akutes Nierenversagen besteht, wenn mindestens eines der folgenden drei Kriterien zutrifft:
Vom akuten Nierenversagen, ANV, wird die chronische Niereninsuffizienz unterschieden. Definitionsgemäß muss für die Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz der GFR-Abfall mindestens für drei Monate bestehen. Ein ANV ist prinzipiell reversibel. Rezidivierende ANV’s sind ein Grund für eine chronische Niereninsuffizienz.
Im Englischen wird zunehmend Abstand von dem Begriff acute renal failure genommen und stattdessen von acute kidney injury gesprochen. Dies soll zum einen betonen, dass ein Nierenversagen nicht automatisch den Ausfall der gesamten Nierenfunktion zur Folge hat. Zum anderen muss ein im klinischen Alltag gelegentlich verharmlostes, laborchemisch vollständig regredientes Nierenversagen als schleichender und akkumulierender Organschaden verstanden werden. Jedes ANV erhöht auch die Mortalität. Drei erlittene ANV’s reduzieren die Lebenserwartung um 25%.
Die Klinik des akuten Nierenversagens kann je nach Ausprägung sehr unterschiedlich sein. Das Spektrum reicht von klinisch asymptomatisch – besonders bei erhaltener Diurese – bis zum Vollbild der Urämie. Gefürchtete Komplikationen sind die Hyperkaliämie mit lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen, neuromuskuläre Störungen wie Bewegungsstörungen und die respiratorische Insuffizienz, sowie die Überwässerung mit fluid lung und peripheren Ödemen. Weiterhin führt eine metabolische Azidose zu einer erhöhten Atemfrequenz, Hypotonie und Herzrhythmusstörungen. Akkumulierte Urämietoxine lösen neurologische Symptome wie Faszikulationen bzw. enzephalopathische Symptome wie Übelkeit, Somnolenz und Konzentrationsstörungen aus. Es können sich eine urämische Perikarditis und Peritonitis entwickeln. Ein urämischer Juckreiz ist nicht für das ANV sondern für die chronische Niereninsuffizienz typisch.
Klinisch kann ein akutes Nierenversagen zu verschiedenen Komplikationen führen, die je nach Ausprägung eine relative oder absolute Dialyseindikation darstellen. Alle der folgenden Punkte müssen bei einem Patienten mit akutem Nierenversagen umgehend betrachtet werden, um eine zeitnahe Evaluation der Gefährdung des Patienten zu ermöglichen und eine adäquate Therapie einzuleiten.
Die Bestimmung der Retentionswerte erlaubt eine Einschätzung der aktuellen Nierenfunktion. Hierzu werden das Kreatinin und und hieraus errechnet die glomeruläre Filtrationsrate benötigt. Die Höhe des Harnstoffs ist ein Marker für die Last an harnpflichtigen Substanzen.
Eine venöse Blutgasanalyse wird zum Ausschluss einer metabolischen Azidose benötigt, die durch die fehlende renale Rückresorbtion von Bikarbonat bzw. einen erhöhten Anfall von H-Ionen entsteht.
Die Elektrolyte und insbesondere das Kalium müssen gewürdigt werden. Eine lebensgefährliche Hyperkaliämie von größer 6,5 millimol pro Liter allein stellt beim akuten Nierenversagen eine Dialyseindikation dar.
Eine hydrope Dekompensation muss zunächst klinisch beurteilt werden. Periphere Ödeme und auskultatorische Zeichen einer pulmonalen Stauung wie eine pulmonale Spastik geben erste Hinweise. Immer wird auch ein Röntgen des Thorax durchgeführt, da eine interstitielle Flüssigkeitseinlagerung, die fluid lung, keinen Auskultationsbefund hat.
Besteht noch eine Diurese, können mit einem Urinteststreifen in kürzester Zeit wichtige Informationen wie der Nachweis einer Proteinurie, Erythrozyturie oder das Vorliegen eines Harnwegsinfekts erfasst werden. Phasenkontrastmikroskopie des Urins erlaubt die schnelle Diagnose der Glomerulonephritis.
Nicht zuletzt muss die Urinausscheidung für mehrere Tage genau quantifiziert werden. In Abhängigkeit der Adhärenz des Patienten sollte ein transurethraler Blasenkatheter eingelegt werden.
Je nach Genese werden das prä-, post- und intrarenale akute Nierenversagen unterschieden. Das prärenale Nierenversagen und die akute Tubulusnekrose als Unterform des intrarenalen Nierenversagens machen zusammen fast 75% der Nierenversagen hospitalisierter Patienten in der westlichen Welt aus. 10% werden durch eine postrenale Ursache ausgelöst, die vielen weiteren Ursachen sind für die restlichen Prozentpunkte verantwortlich.
Das prärenale Nierenversagen kann durch verschiedene der Niere vorgeschaltete Prozesse ausgelöst werden. Hypotonie, Volumenmangel oder ein zu geringes Herzminutenvolumen jeglicher Genese führen durch Zentralisierung zu einer verminderten Perfusion und letztlich zur Ischämie der Niere. Ursachen sind zum Beispiel schwere Blutungen, eine chronisch zu geringe Flüssigkeitsaufnahme mit akuter Exazerbation durch eine Gastroenteritis oder einen Harnwegsinfekt, und eine iatrogen forcierte Diurese durch Gabe von zu hoch dosierten oder kombinierten Diuretika. Auch eine hypervolämische Dekompensation mit niedriger effektiver arterieller Blutzirkulation z.B. im Rahmen einer dekompensierten Herz- oder Leberinsuffizienz kann ein akutes Nierenversagen mit prärenaler Komponente als sogenanntes cardiorenales bzw. hepatorenales Syndrom auslösen.
Auch eine renale Ischämie durch eine beidseitige Nierenarterienstenose bzw. eine einseitige Nierenarterienstenose vor einer funktionellen Einzelniere kann z.B. bei Einsatz eines ACE-Hemmers, AT-2-Blockers oder direkten Reninantagonisten zur renalen Minderdurchblutung und im Verlauf zu einer ischämischen akuten Tubulusnekrose führen.
Das prärenale Nierenversagen ist bei schneller Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung zunächst reversibel; bei länger andauernder Durchblutungsstörung kann jedoch eine ischämische Schädigung der Niere auftreten und das prärenale ANV in ein intrarenales ANV übergehen.
Beim intrarenalen ANV kommt es zu einer direkten Schädigung der Niere. Unterschieden werden die akute Tubulusnekrose, die akute interstitielle Nephritis und mikrovaskuläre Schäden am renalen Gefäßsystem.
Akute Tubulusnekrose
Drei Ursachen einer akuten Tubulusnekrose sind häufig: Die renale Ischämie, eine Sepsis und nephrotoxische Substanzen.
Renale Ischämie: Jedes prolongierte ausgeprägte prärenale Nierenversagen kann in einer ischämische akute Tubulusnekrose übergehen. Eine ischämische akute Tubulusnekrose kann außerdem thromboembolisch bei Vorhofflimmern in Form eines Niereninfarkts, durch eine akute Minderdurchblutung im Volumenmangelschock im Rahmen der Schockniere und bei einer Vaskulitis durch Gefäßverengungen auftreten.
Ein Nierenversagen bei schwerer Sepsis entsteht multifaktoriell. Zu der prärenalen und intrarenal-ischämischen Komponente kommen zudem noch nephrotoxische Effekte durch zirkulierende Zytokine.
Eine akute Tubulusnekrose kann toxisch z.B. durch nierenschädigende Medikamente wie NSAR, Kontrastmittel, verschiedene Chemotherapeutika wie Cisplatin und Antibiotika wie Gentamycin ausgelöst werden.
Verschiedene Grunderkrankungen können ein Verstopfen des Tubulussystems verursachen und somit ebenfalls eine akute Tubulusnekrose auslösen. Hierzu gehören eine Rhabdomyolyse, Leichtkettenablagerungen bei Multiplem Myelom und die Ablagerung von Uraten bei Hyperurikämie.
Akute interstitielle Nephritis
Die akute interstitielle Nephritis (AIN) ist eine Entzündung des Nierenmarks. Es kommt zur akuten entzündlichen Reaktion im Tubulussystem und im angrenzenden Interstitium. Histologisch finden sich ein interstitielles Ödem und ein interstitielles Infiltrat aus T-Lymphozyten und Monozyten. Über 70% der AIN werden durch Medikamente ausgelöst. Der Rest verteilt sich etwa gleich auf infektiöse Ursachen und Systemerkrankungen wie die Sarkoidose und den Lupus erythematodes. Jedes Medikament kann eine AIN verursachen. Einige Medikamente sind häufiger mit der AIN vergesellschaftet als andere. Hierzu zählen u.a. die NSAR, Penicilline und Ciprofloxacin. Eine Dosisabhängigkeit besteht nicht. Der Patient kann wieder eine AIN entwickeln, wenn er das ursächliche Medikament erneut einnimmt. An eine AIN muss also differentialdiagnostisch gedacht werden, wenn ein akutes Nierenversagen im Anschluss an die Gabe eines neuen Medikaments auftritt. Zu jedem Patienten, der sich mit einem akuten Nierenversagen vorstellt, gehört eine vollständige Medikamentenanamnese der letzten Tage, Wochen und Monate.
Mikrovaskuläre Nierenerkrankungen
Schließlich können verschiedene mikrovaskuläre Erkrankungen in der Niere zum intrarenalen Nierenversagen führen.
Hierzu zählt die rasch progrediente Glomerulonephritis, die durch verschiedene Grunderkrankungen ausgelöst werden kann. Außerdem die IgA-Nephritis, die Poststreptokokken-Glomerulonephritis und das hämolytisch-urämische Syndrom.
Das postrenale ANV entsteht durch Harnabfluss- oder Harntransportstörungen und kann durch eine zielgerichtete Sonographie diagnostiziert und manchmal schon durch die schmerzhafte Palpation einer prall gefüllten Harnblase vermutet werden. Häufige Ursachen sind Nierensteine, Ureter-Strikturen, Blasentumore und eine Prostatahypertrophie. Auch hier droht bei fehlender Behandlung der Übergang in ein intrarenales ANV.
Je nach Länge des Verlaufs der Erkrankung kann es zu Überlappungen von prä-, intra- und postrenalen Ursachen kommen.
Das akute Nierenversagen ist ein Notfall. Die Genese muss sofort geklärt, reversible Ursachen müssen unmittelbar behoben werden.
Patienten mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz sind für eine akute Verschlechterung deutlich anfälliger als Nierengesunde. Eine chronische Niereninsuffizienz kann jedoch auch bei hohen Retentionswerten unter engmaschiger nephrologischer Mitbetreuung über eine lange Zeit stabil sein. Bei der Erstdiagnose eines akuten Nierenversagens muss schnell geklärt werden, ob Vorbefunde eingesehen werden können, um die akute Laborkonstellation und klinische Situation richtig einzuordnen.
Eine spezifische Therapie des ANV existiert nicht. Wesentliche therapeutische Ziele sind die Entschärfung der lebensbedrohlichen Akutsymptomatik, ggf. durch eine Akutdialyse, und die Vermeidung einer fortschreitenden Funktionsverschlechterung. Eine Überführung eines oligurischen Nierenversagens in ein nicht-oligurisches Nierenversagen mittels Diuretika zur besseren Volumenkontrolle zeigt laut Studienlage keinen Nutzen und sogar eine Übersterblichkeit.
Zur Prophylaxe des ANV ist das Erkennen und Vermeiden klinischer Risikosituationen wie Dehydratation, schwere Infekte und nephrotoxische Medikamente angezeigt.
Das akute Nierenversagen ist ein klinisches Syndrom und gekennzeichnet durch einen plötzlichen Abfall der glomerulären Filtrationsrate.
Ein akutes Nierenversagen besteht, wenn mindestens eines der folgenden drei Kriterien zutrifft:
Vom akuten Nierenversagen, ANV, wird die chronische Niereninsuffizienz unterschieden. Definitionsgemäß muss für die Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz der GFR-Abfall mindestens für drei Monate bestehen. Ein ANV ist prinzipiell reversibel. Rezidivierende ANV’s sind ein Grund für eine chronische Niereninsuffizienz.
Im Englischen wird zunehmend Abstand von dem Begriff acute renal failure genommen und stattdessen von acute kidney injury gesprochen. Dies soll zum einen betonen, dass ein Nierenversagen nicht automatisch den Ausfall der gesamten Nierenfunktion zur Folge hat. Zum anderen muss ein im klinischen Alltag gelegentlich verharmlostes, laborchemisch vollständig regredientes Nierenversagen als schleichender und akkumulierender Organschaden verstanden werden. Jedes ANV erhöht auch die Mortalität. Drei erlittene ANV’s reduzieren die Lebenserwartung um 25%.
Die Klinik des akuten Nierenversagens kann je nach Ausprägung sehr unterschiedlich sein. Das Spektrum reicht von klinisch asymptomatisch – besonders bei erhaltener Diurese – bis zum Vollbild der Urämie. Gefürchtete Komplikationen sind die Hyperkaliämie mit lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen, neuromuskuläre Störungen wie Bewegungsstörungen und die respiratorische Insuffizienz, sowie die Überwässerung mit fluid lung und peripheren Ödemen. Weiterhin führt eine metabolische Azidose zu einer erhöhten Atemfrequenz, Hypotonie und Herzrhythmusstörungen. Akkumulierte Urämietoxine lösen neurologische Symptome wie Faszikulationen bzw. enzephalopathische Symptome wie Übelkeit, Somnolenz und Konzentrationsstörungen aus. Es können sich eine urämische Perikarditis und Peritonitis entwickeln. Ein urämischer Juckreiz ist nicht für das ANV sondern für die chronische Niereninsuffizienz typisch.
Klinisch kann ein akutes Nierenversagen zu verschiedenen Komplikationen führen, die je nach Ausprägung eine relative oder absolute Dialyseindikation darstellen. Alle der folgenden Punkte müssen bei einem Patienten mit akutem Nierenversagen umgehend betrachtet werden, um eine zeitnahe Evaluation der Gefährdung des Patienten zu ermöglichen und eine adäquate Therapie einzuleiten.
Die Bestimmung der Retentionswerte erlaubt eine Einschätzung der aktuellen Nierenfunktion. Hierzu werden das Kreatinin und und hieraus errechnet die glomeruläre Filtrationsrate benötigt. Die Höhe des Harnstoffs ist ein Marker für die Last an harnpflichtigen Substanzen.
Eine venöse Blutgasanalyse wird zum Ausschluss einer metabolischen Azidose benötigt, die durch die fehlende renale Rückresorbtion von Bikarbonat bzw. einen erhöhten Anfall von H-Ionen entsteht.
Die Elektrolyte und insbesondere das Kalium müssen gewürdigt werden. Eine lebensgefährliche Hyperkaliämie von größer 6,5 millimol pro Liter allein stellt beim akuten Nierenversagen eine Dialyseindikation dar.
Eine hydrope Dekompensation muss zunächst klinisch beurteilt werden. Periphere Ödeme und auskultatorische Zeichen einer pulmonalen Stauung wie eine pulmonale Spastik geben erste Hinweise. Immer wird auch ein Röntgen des Thorax durchgeführt, da eine interstitielle Flüssigkeitseinlagerung, die fluid lung, keinen Auskultationsbefund hat.
Besteht noch eine Diurese, können mit einem Urinteststreifen in kürzester Zeit wichtige Informationen wie der Nachweis einer Proteinurie, Erythrozyturie oder das Vorliegen eines Harnwegsinfekts erfasst werden. Phasenkontrastmikroskopie des Urins erlaubt die schnelle Diagnose der Glomerulonephritis.
Nicht zuletzt muss die Urinausscheidung für mehrere Tage genau quantifiziert werden. In Abhängigkeit der Adhärenz des Patienten sollte ein transurethraler Blasenkatheter eingelegt werden.
Je nach Genese werden das prä-, post- und intrarenale akute Nierenversagen unterschieden. Das prärenale Nierenversagen und die akute Tubulusnekrose als Unterform des intrarenalen Nierenversagens machen zusammen fast 75% der Nierenversagen hospitalisierter Patienten in der westlichen Welt aus. 10% werden durch eine postrenale Ursache ausgelöst, die vielen weiteren Ursachen sind für die restlichen Prozentpunkte verantwortlich.
Das prärenale Nierenversagen kann durch verschiedene der Niere vorgeschaltete Prozesse ausgelöst werden. Hypotonie, Volumenmangel oder ein zu geringes Herzminutenvolumen jeglicher Genese führen durch Zentralisierung zu einer verminderten Perfusion und letztlich zur Ischämie der Niere. Ursachen sind zum Beispiel schwere Blutungen, eine chronisch zu geringe Flüssigkeitsaufnahme mit akuter Exazerbation durch eine Gastroenteritis oder einen Harnwegsinfekt, und eine iatrogen forcierte Diurese durch Gabe von zu hoch dosierten oder kombinierten Diuretika. Auch eine hypervolämische Dekompensation mit niedriger effektiver arterieller Blutzirkulation z.B. im Rahmen einer dekompensierten Herz- oder Leberinsuffizienz kann ein akutes Nierenversagen mit prärenaler Komponente als sogenanntes cardiorenales bzw. hepatorenales Syndrom auslösen.
Auch eine renale Ischämie durch eine beidseitige Nierenarterienstenose bzw. eine einseitige Nierenarterienstenose vor einer funktionellen Einzelniere kann z.B. bei Einsatz eines ACE-Hemmers, AT-2-Blockers oder direkten Reninantagonisten zur renalen Minderdurchblutung und im Verlauf zu einer ischämischen akuten Tubulusnekrose führen.
Das prärenale Nierenversagen ist bei schneller Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung zunächst reversibel; bei länger andauernder Durchblutungsstörung kann jedoch eine ischämische Schädigung der Niere auftreten und das prärenale ANV in ein intrarenales ANV übergehen.
Beim intrarenalen ANV kommt es zu einer direkten Schädigung der Niere. Unterschieden werden die akute Tubulusnekrose, die akute interstitielle Nephritis und mikrovaskuläre Schäden am renalen Gefäßsystem.
Akute Tubulusnekrose
Drei Ursachen einer akuten Tubulusnekrose sind häufig: Die renale Ischämie, eine Sepsis und nephrotoxische Substanzen.
Renale Ischämie: Jedes prolongierte ausgeprägte prärenale Nierenversagen kann in einer ischämische akute Tubulusnekrose übergehen. Eine ischämische akute Tubulusnekrose kann außerdem thromboembolisch bei Vorhofflimmern in Form eines Niereninfarkts, durch eine akute Minderdurchblutung im Volumenmangelschock im Rahmen der Schockniere und bei einer Vaskulitis durch Gefäßverengungen auftreten.
Ein Nierenversagen bei schwerer Sepsis entsteht multifaktoriell. Zu der prärenalen und intrarenal-ischämischen Komponente kommen zudem noch nephrotoxische Effekte durch zirkulierende Zytokine.
Eine akute Tubulusnekrose kann toxisch z.B. durch nierenschädigende Medikamente wie NSAR, Kontrastmittel, verschiedene Chemotherapeutika wie Cisplatin und Antibiotika wie Gentamycin ausgelöst werden.
Verschiedene Grunderkrankungen können ein Verstopfen des Tubulussystems verursachen und somit ebenfalls eine akute Tubulusnekrose auslösen. Hierzu gehören eine Rhabdomyolyse, Leichtkettenablagerungen bei Multiplem Myelom und die Ablagerung von Uraten bei Hyperurikämie.
Akute interstitielle Nephritis
Die akute interstitielle Nephritis (AIN) ist eine Entzündung des Nierenmarks. Es kommt zur akuten entzündlichen Reaktion im Tubulussystem und im angrenzenden Interstitium. Histologisch finden sich ein interstitielles Ödem und ein interstitielles Infiltrat aus T-Lymphozyten und Monozyten. Über 70% der AIN werden durch Medikamente ausgelöst. Der Rest verteilt sich etwa gleich auf infektiöse Ursachen und Systemerkrankungen wie die Sarkoidose und den Lupus erythematodes. Jedes Medikament kann eine AIN verursachen. Einige Medikamente sind häufiger mit der AIN vergesellschaftet als andere. Hierzu zählen u.a. die NSAR, Penicilline und Ciprofloxacin. Eine Dosisabhängigkeit besteht nicht. Der Patient kann wieder eine AIN entwickeln, wenn er das ursächliche Medikament erneut einnimmt. An eine AIN muss also differentialdiagnostisch gedacht werden, wenn ein akutes Nierenversagen im Anschluss an die Gabe eines neuen Medikaments auftritt. Zu jedem Patienten, der sich mit einem akuten Nierenversagen vorstellt, gehört eine vollständige Medikamentenanamnese der letzten Tage, Wochen und Monate.
Mikrovaskuläre Nierenerkrankungen
Schließlich können verschiedene mikrovaskuläre Erkrankungen in der Niere zum intrarenalen Nierenversagen führen.
Hierzu zählt die rasch progrediente Glomerulonephritis, die durch verschiedene Grunderkrankungen ausgelöst werden kann. Außerdem die IgA-Nephritis, die Poststreptokokken-Glomerulonephritis und das hämolytisch-urämische Syndrom.
Das postrenale ANV entsteht durch Harnabfluss- oder Harntransportstörungen und kann durch eine zielgerichtete Sonographie diagnostiziert und manchmal schon durch die schmerzhafte Palpation einer prall gefüllten Harnblase vermutet werden. Häufige Ursachen sind Nierensteine, Ureter-Strikturen, Blasentumore und eine Prostatahypertrophie. Auch hier droht bei fehlender Behandlung der Übergang in ein intrarenales ANV.
Je nach Länge des Verlaufs der Erkrankung kann es zu Überlappungen von prä-, intra- und postrenalen Ursachen kommen.
Das akute Nierenversagen ist ein Notfall. Die Genese muss sofort geklärt, reversible Ursachen müssen unmittelbar behoben werden.
Patienten mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz sind für eine akute Verschlechterung deutlich anfälliger als Nierengesunde. Eine chronische Niereninsuffizienz kann jedoch auch bei hohen Retentionswerten unter engmaschiger nephrologischer Mitbetreuung über eine lange Zeit stabil sein. Bei der Erstdiagnose eines akuten Nierenversagens muss schnell geklärt werden, ob Vorbefunde eingesehen werden können, um die akute Laborkonstellation und klinische Situation richtig einzuordnen.
Eine spezifische Therapie des ANV existiert nicht. Wesentliche therapeutische Ziele sind die Entschärfung der lebensbedrohlichen Akutsymptomatik, ggf. durch eine Akutdialyse, und die Vermeidung einer fortschreitenden Funktionsverschlechterung. Eine Überführung eines oligurischen Nierenversagens in ein nicht-oligurisches Nierenversagen mittels Diuretika zur besseren Volumenkontrolle zeigt laut Studienlage keinen Nutzen und sogar eine Übersterblichkeit.
Zur Prophylaxe des ANV ist das Erkennen und Vermeiden klinischer Risikosituationen wie Dehydratation, schwere Infekte und nephrotoxische Medikamente angezeigt.