Schon wieder hat ein Assistenzarzt noch vor Ablauf der Probezeit gekündigt. Gerade erst hat sich noch der erfahrende Altassistent verabschiedet. Die wenigen verbliebenen Assistenzärzte halten die Station durch Anhäufung unzähliger Überstunden irgendwie am Laufen. Sie schreiben gerade einmal die Hälfte davon auf, trotzdem könnten sie im Falle eines Freizeitausgleichs schon einen richtigen Urlaub machen. Die vielen Blutentnahmen, umfangreiche Visiten, diverse Arztbriefe und die zusätzlichen Nacht- und Wochenenddienste sorgen nicht nur bei den Assistenten für schlechte Stimmung. Zwei ausgeschriebene Stellen sind nicht besetzt, weil der neue Kollege gleich wieder gekündigt und sich für die andere Stelle noch niemand gefunden hat. Die Oberärzte haben Schwierigkeiten die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten, weil sie auf Station die Lücken schließen müssen. Der Chefarzt weiß nicht mehr, welches Problem er zuerst angehen soll. Nebenbei haben sich in diesem Klinikum noch nie viele Famulanten oder PJ-Studenten beworben, die in Kliniken an attraktiven Standorten durch Blutabnehmen, Aufnahmen von Patienten und OP-Hilfe wertvolle Arbeitskräfte darstellen. Die Liegezeiten der Patienten verlängern sich, die Fälle rechnen sich nicht mehr.
Kommt Ihnen dieses Szenario bekannt vor? Im Folgenden erörtern wir für Sie die aktuelle Situation in den deutschen Kliniken - und präsentieren Lösungsansätze aus der Sicht von Marketingspezialisten, leitenden Ärzten aber auch von direkt auf der Station betroffenen Assistenzärzten.
27.01.2015
Nicht nur kleine Kliniken in der Peripherie der Flächenländer haben mit einer hohen Fluktuation an Assistenzärzten zu kämpfen. Der ständige Personalwechsel kostet Geld und Nerven. Letztlich kann durch eine gute „Nachwuchsarbeit“ die Patientenversorgung nachhaltig gesichert werden.
Die dem Anwerben von fertig ausgebildeten Spezialisten deutlich überlegene Ausbildung in den eigenen Reihen hat sich im Profisport längst etabliert und findet nun auch langsam Einzug in die Kliniken.
Die Aus- und Weiterbildungssituation hat in den letzten Jahren zu viel Unmut unter den Assistenzärzten an deutschen Kliniken geführt. Bemängelt wird insbesondere, dass Assistenzärzte vielerorts als „Stationskämpfer“ Routinearbeiten verrichten, eine echte Ausbildung jedoch nicht stattfindet. Ärztliche Skills wie Ultraschall und die Durchführung von Interventionen müssen hart erkämpft oder nach dem Feierabend durch Eigeninitiative selbst erlernt werden, teure Fortbildungskurse müssen an vielen Kliniken durch die Assistenzärzte selbst bezahlt und in der Freizeit absolviert werden.
Insbesondere kleinere Kliniken sollten diesen Missstand als große Chance verstehen. Mit nur wenig Aufwand und geringen Investitionen lässt sich ein herausstechendes Weiterbildungssystem etablieren. Wird ein solches gut vermarktet, ist es möglich in kürzester Zeit deutschlandweit für Aufsehen zu sorgen und deutlich mehr Bewerber auf Assistenzarztstellen zu erhalten als vorher.
Zunächst sollte evaluiert werden, welche In-House-Kompetenzen zur Verfügung stehen. Welche Skills können die leitenden Ärzte des Klinikums vermitteln? Welche ergänzenden Weiterbildungskurse können nach extern ausgelagert werden, z.B. durch bezahlte Lehrgänge?
Der Ultraschall ist nicht nur in der Inneren Medizin ein immer wieder verlangter und wertvoller Skill. Die Sonographie-Rotation gilt in vielen Kliniken als Sahnestück der Weiterbildung. Oft werden die Rotationsplätze nach undurchsichtigen Kriterien vergeben oder fallen kurzfristig aus. In wieder anderen Fällen wird der Rotationsassistent laufend aus der Sonographie auf die Station abgezogen, um die Grundversorgung sicherzustellen.
Ein denkbares Konzept für ein kleines internistisch geführtes Haus mit einer nur kurzen Weiterbildungsermächtigung (z.B. 12 Monate Innere Medizin) wäre ein Arbeitsvertrag über 24 Monate, in denen zunächst durch den supervidierenden leitenden Arzt erste Ultraschallkenntnisse vermittelt werden und im Folgenden – mit jeweils sechs Monaten Abstand – der Grund- und der Aufbaukurs Sonographie Abdomen finanziert werden (Kosten: circa 500 Euro je Kurs plus Reisekosten). Der Assistenzarzt verlässt das Haus nach 24 Monaten und damit nach doppelt so langer Zeit, hat aber durch die Beherrschung des Ultraschalls mehr für seine Karriere mitgenommen als nach jahrelanger harter Arbeit an manchem Maximalversorger.
Findet sich für das kleine Haus ein günstig gelegenes Kooperationsklinikum, so ließe sich gegebenenfalls in diesem Verbund die gesamte Weiterbildungszeit sicherstellen. Der Kollege könnte für die Facharztweiterbildung in der Region bleiben und letztlich eine langfristige Facharztstelle im kleinen internistischen Haus antreten.
Die Kliniksuche von Doctopia hat sich seit 2012 bei den jungen Medizinern im deutschsprachigen Raum als Such-Tool für Klinikjobs etabliert. Kliniken können durch das Premiumprofil gezielt auf die Vorzüge ihrer Weiterbildung hinweisen.
Mehr Informationen zu den Klinikprofilen finden Sie hier.
19.01.2015
Ein Lösungsansatz aus Norddeutschland:
„Früher haben wir auf eine teure Anzeige im Ärzteblatt im Schnitt drei Bewerbungen erhalten, von denen oft zwei nicht unseren Wünschen entsprochen haben – ob der dritte Bewerber zu uns gepasst und auch wirklich eine längere Zeit der Weiterbildung bei uns verbracht hat, war dann Glückssache.“
Personalleiter eines Schwerpunktversorgers an der Küste in Norddeutschland
Seitdem investiert dieses Klinikum das Geld, das vorher unter anderem in teure Print-Anzeigen floss, in eine Verbesserung der Aus- und Weiterbildung. Insbesondere wurde ein herausragendes Programm mit einem umfangreichen Fortbildungsangebot für Studenten im Praktischen Jahr (PJ) erstellt. Die Rahmenbedingungen mit kostenfreier Unterkunft, freier Verpflegung und PJ-Vergütung wurden zudem attraktiv gestaltet. Dieses PJ-Angebot hat sich im norddeutschen Raum herumgesprochen und seitdem sind alle PJ-Plätze das ganze Jahr über besetzt. Dies schafft nicht nur unmittelbar eine Entlastung der Stationsärzte bei Tätigkeiten wie Blutentnahmen und „Haken-Halten“ im OP, das Klinikum rekrutiert außerdem aus diesen PJ-Studenten den ärztlichen Nachwuchs. Die vier Monate auf Station ermöglichen eine Einschätzung der Kompetenzen des Bewerbers, der Bewerber selbst kann während des Tertials feststellen, ob ihm die Atmosphäre, das Arbeitsklima und der Wohnort zusagen.
Nicht nur Lehrkrankenhäuser profitieren von der Unterstützung von Studenten.
Nicht nur Lehrkrankenhäuser, die sich an der Ausbildung im Praktischen Jahr beteiligen, haben diese Chance. Famulaturprogramme lassen sich noch leichter etablieren, weil Lehrangebot und Unterkunft für nur vier Wochen angeboten werden müssen. Jede ärztlich geleitete medizinische Einrichtung, von der Arztpraxis bis zum Maximalversorger darf Famulaturplätze anbieten. Zudem kann die in einigen Bundesländern komplizierte Zuweisung von PJ-Studenten durch die jeweilige Universität umgangen werden. Insbesondere spezielle Akademien wie „Dein Sommer in der Gastroenterologie“ und „Kardiologie-Summer School“ lassen sich schnell realisieren.
"Studenten sind am Puls der Wissenschaft und hinterfragen meine Arbeit. Ich merke selbst, dass ich zu Zeiten, an denen Studenten auf der Station sind, deutlich mehr nachlese, um bei der Visite am nächsten Tag etwas beibringen zu können."
Marcel K., Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Internisten, Dortmund
In einem großen Klinikum bei Berlin blieben trotz eines attraktiven medizinischen Leistungsspektrums die Bewerber aus. Auch Studierende waren auf den Stationen nur selten zu finden. Dies erzeugte einen direkten Wettbewerbsnachteil gegenüber Kliniken, die gut mit Studierenden ausgestattet sind. Täglich nimmt ein Studierender in Abteilungen für Innere Medizin und Chirurgie mindestens zwei ärztliche Arbeitsstunden an delegierbarer Tätigkeit ab.
Das Klinikum bei Berlin etablierte ein neues Famulaturprogramm – mit Erfolg. 100% der Teilnehmer gaben an, das Klinikum vor der Ausschreibung der Famulatur nicht gekannt zu haben. Das Programm wurde hervorragend evaluiert und die Bewerberzahlen stiegen im zweiten Jahr. Aus den "Alumni" konnten wiederum PJ-Studierende gewonnen werden und 90% der Famulatur-Absolventen gaben an, dass sie sich gut vorstellen können, nach dem Examen eine Bewerbung an das Klinikum zu senden.
„Studierende auf den Stationen senken die Arbeitslast für die Assistenzärzte und sorgen für eine befruchtende Lehrkultur.“
Verantwortlicher Arzt eines Famulaturprogramms bei Berlin
Die gesteigerte Motivation des betreuenden Stationsarztes, der viele ungeliebte Aufgaben abgeben kann, ist monetär nicht messbar. Zudem sind ausbildende Ärzte gezwungen selbst viel nachzulesen, da die Nachfragen der Studierenden sonst schnell unangenehm werden können. Es entsteht ein Ausbildungsklima, das jedem Klinikum nur nützen kann. Die Bereitschaft zur engagierten Lehre ist in anderen Ländern wie England, der Schweiz oder den USA längst etabliert.
Nicht zuletzt kann durch die Rekrutierung von qualifizierten und motivierten Berufsanfängern aus der Studentenschaft die Fluktuation in den ersten beiden Berufsjahren deutlich gesenkt werden, da die häufigen Gründe für einen schnellen Wechsel der Ausbildungsstätte wie Zufriedenheit an dem neuen Wohnort und Arbeitsklima in der Abteilung bereits durch den Bewerber vier Monate lang erfahren wurden. Die Chefärzte haben die Möglichkeit die fachliche Qualifikation des Bewerbers wiederholt zu überprüfen. Während des viermonatigen Aufenthalts in der Abteilung offenbaren sich durch Beobachtung beim Umgang mit Patienten und Gespräche mit Mitarbeitern auch die "Social Skills" der Studierenden. Unangenehme Überraschungen können dadurch noch vor der Einstellung vermieden werden.
Wichtig ist die Wertschätzung der Studierenden. Längst gibt es durch die grenzüberschreitende PJ-Mobilität weitaus mehr Ausbildungsplätze als Studierende. Über hochfrequentierte Bewertungsportale werden schlechte PJ-Bedingungen schnell verbreitet und die Plätze bleiben leer.
Ist erst einmal ein spannendes Ausbildungsprogramm etabliert, so sollte dieses an den deutschsprachigen Fakultäten bekannt gemacht werden. Die Klinik-Suchmaschine von Doctopia hat sich seit 2012 im deutschsprachigen Raum unter den Jungmedizinern etabliert. Hier lassen sich Kliniken spezifisch nach Ort und angebotenem Fachbereich und zusätzlich nach den Ausbildungsbedingungen durchsuchen. Über die Kanäle von Doctopia können innerhalb kürzester Zeit Studierende an allen Fakultäten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz erreicht werden. Ein attraktives Ausbildungsangebot ist auf diesem Weg innerhalb kurzer Zeit mit motivierten Studierenden ausgelastet.